HUWY

aus dem Wiki des Entropia e.V., CCC Karlsruhe


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Datum: 17.10.2010
Uhrzeit: 20.30 Uhr
Ort: Entropia
Beschreibung: Vortrag / Diskussion über das HUWY Projekt



Nach einer kurzen Darstellung des HUWY Projektes anhand der Projektwebsite, das Jugendliche bei der „Mitgestaltung von internetbezogenen politischen Entscheidungen“ unterstüzt, wurde recht intensiv über die Idee hinter dem Projekt, demokratischen Grundproblemen und politischer Teilhabe diskutiert. Da ich an dem Projekt teilnehme, habe ich mir erlaubt die Ergebnisse der Diskussion in einem Ergebnisbericht zusammenzufassen:

Diskussionsthema

Grundlegende Probleme der Demokratie und die Rettungsmöglichkeiten durch das Internet.
Können eParticipation und Projekte wie HUWY der sog. Politik- und Demokratieverdrossenheit abhelfen? Sind solche Konzepte zukunftsfähig?

Meinungen

Die genannten Punkte spiegeln nicht zu jedem Zeitpunkt die Meinung aller Beteiligten wieder.

  • Die Europäische Union ist sehr bürgerfern (nimmt sich selbst jedoch öffentlich nicht unbedingt so wahr)
    • Politische Arbeit auf europäischer Ebene erfährt kaum mediale Resonnanz
    • Wichtige Gremien auf europäischer Ebene sind nicht direkt legitimiert (wobei eine direkte Legitimierung selbst auch wieder als Problem gesehen wird)
  • Politische Entscheidungen spiegeln nicht mehr die Meinung des Volkes wieder, vielmehr spiegeln sich in vielen Bereichen wirtschaftliche Interessen wieder, die durch Lobbyorganisationen durchgesetzt werden
  • Politische und demokratische Probleme werden durch rein positive Öffentlichkeitsarbeit abzuwickeln versucht, letztendlich aber doch nicht gelöst (o.g. Kompetenzenproblem der EU, Treffen der Regierungschefs werden positiv dargestellt etc.)
  • (Ohne Beleg:) Es herrscht im Volk ein starkes Desinteresse an europäischer Politik, nationale Politik wird höher gewichtet

Man glaubt, dass von Seiten der Entscheidungsträger der Glaube besteht, diese Probleme lösen bzw. verbessern zu können. Folgende Punkte werden diskutiert:

  • Ist eParticipation das, was wir wollen? Es scheint zwar finanziell günstiger, ist es aber letztendlich nicht.
  • eParticipation-Applikationen werden leicht manipulierbar sein (siehe Wahlmaschinen in den Niederlanden, auf denen ein Schachprogramm installiert wurde)
  • Wahlen sollten nicht elektronisch ablaufen, solange keine höhere technische Sicherheit gewährleistet wird.
    • Estland hat ein interessantes Onlinewahlkonzept: Es kann online gewählt werden. Es wird jedoch die Stimme gezählt, die, wenn man doch am Wahltag ins Wahlbüro geht und dort nocheinmal wählt, auf Papier abgegeben wurde.
  • eParticipation wird nicht als Retter bzw. Weiterentwicklung der Demokratie gesehen. Erhöht vermutlich nur geringfügig die Beteiligung und das Interesse an Wahlen oder anderen demokratischen Prozessen.
  • Desinteresse an Politik lässt sich durch eParticipation nicht wecken, da zu viel Bürokratie mit den Prozessen verknüpft ist, die sich aus den gegebenen Strukturen ableiten
  • eParticipation bedeutet nicht eServices, die jedoch auch deutlich ausgebaut werden sollten.

Konkret zum HUWY Projekt / zur Idee des Pilotprojekts:

  • Prinzipiell interessanter Vorstoß, da herkömmliche Meinungserhebung enttäuschend; kaum einer (im Bekanntenkreis der Beteiligten) findet seine Meinung dort vertreten
  • HUWY fungiert als Brücke zwischen „tatsächlicher Meinung“ junger Leute / der Bürger und der Politik
  • HUWY zu sehr hierarchisch, da sich Entscheidungsträger lediglich über das Forum informieren und vermutet wird, dass der kommentatorische Teil eher gering ausfällt
  • Stellt eine Sammlung von Grüppchenmeinungen dar, die keinen repräsentativen Wert haben (1. Muss es das? und 2. Gegenmeinung: Muss das Konzept sich erst etablieren?)
  • HUWY stellt keine neue „Macht“ der Bürger dar, bzw. keine Möglichkeit, tatsächlich Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen
  • Problem: Ermöglicht ein Vorstoß wie HUWY, das eine Sammlung von Meinungen bieten möchte, die Möglichkeit, das TINA-Prinzip (there is no alternative) aktiv politisch zu betreiben? (Beispiel: Bei der politischen Diskussion eines Themas kann damit argumentiert werden, dass die Jugendlichen so und so zum Thema stehen, das ganze repräsentativ und verlässlich sei. Damit kann die eigene Meinung bestärkt werden, andere Meinungen und Auffassungen zum Thema werden ausgeblendet. Hat HUWY wegen der Missbrausmöglichkeit also keine Existenzberechtigung?)
  • Vergleich mit Petitionen: Petitionen werden im Bundestagsausschuss kategorisch abgelehnt (da alle Petitionen offensichtlich unbegründet). Wird HUWY das selbe Schicksal ereilen?

Handlungen

  • Neuverteilung von Machtverhältnissen: Macht sollte von verschiedenen Seiten durch mehr direkte Demokratie an das Volk abgegeben werden
  • Eine Anpassung des Einflusses der Bevölkerung (mehr direkte Demokratie)
  • Senkung des Wahlrechts auf 16 Jahre?
  • Verringerung der Gremien, ohne einen zentralen Machtapparat entstehen zu lassen
  • Sollten neue Demokratieformen, wie das in der stetigen Entwicklung befindliche Konzept der Liquid Democracy, ausprobiert werden?
  • Einschränkung wirtschaftlicher Macht zugunsten des Allgemeinwohles

Akteure

Handeln sollte..

  • Der Bürger selbst
    • Größeres Bewusstsein für Politik bekommen und keine kategorische Ablehnung „der da oben“
    • → Politik sollte nicht „da oben“ sein
  • Bürgerzusammenschlüsse, also Vereine, Freundes- und Bekanntenkreise, Stiftungen, Unternehmen der Wirtschaft. Hierbei sollte jedoch jeder seinem Kerngeschäft treu bleiben und quasi „Expertengruppen“ bilden - ohne, dass dabei eine Verkomplizierung der Wege, um Informationen zu erlangen, eintritt

Schlüsselpersonen, die jetzt eine polarisierende Wirkung haben sollten vermittlerisch tätig werden und somit „überschüssige“ Macht abgeben

  • Apparate der EU und auf Bundesebene
  • Alle diejenigen, die Informationen unter Verschluss halten

Allgemeines Fazit

Es besteht das Gefühl, politisch machtlos zu sein. Auch politische, supranationale Gremien wirken machtlos, weswegen Machtverhältnisse neu aufgeteilt werden sollten. HUWY bietet die Möglichkeit, den Bürger sprechen zu lassen, und den Klang vielleicht nicht verhallen zu lassen. Diese Möglichkeit sollte aufgegriffen und ausgereift werden, jedoch niemals dem Stillstand zum Opfer werden. Jedoch können grundlegende demokratische Probleme durch eParticipation nicht gelöst werden, jedoch besteht die Möglichkeit, dass eParticipation einen Beitrag zur Lösung darstellt. Da leider nicht alle Menschen zu technischen Geräten oder Internet Zugang haben, ist ein Teil der Bevölkerung immer ausgegrenzt und hat kein Mitspracherecht. Hierfür müssen die jetzigen Strukturen der politischen Teilhabe erhalten bleiben.

Weitere Informationen

Auf der Projektwebsite