Gravenreuth-FAQ 2

aus dem Wiki des Entropia e.V., CCC Karlsruhe
Version vom 2. Oktober 2005, 22:48 Uhr von Neingeist (Diskussion | Beiträge) (Markup repariert, CamelCase raus)

Dieser Text ist ein Mirror von http://www.klostermaier.de/fvgreport/oldfaq/faq2.html

Teil II: Gravenreut; Person/Umfeld/Historie

Allgemeine Informationen

1948 geboren, verheiratet, keine Kinder. Bis 1966 Lehre als technischer Zeichner, Maschinenbaustudium an der FH München [Abschluss 1973 als Dipl.Ing. (FH)], Jura-Studium an der LMU München 1973-1978, Anwaltszulassung für LG München/OLG München/Bayer. OLG in 1981, Tätigkeit in einer Freisinger Kanzlei 1981-1985, Selbständiger Rechtsanwalt seit 1985, eigene Kanzlei seit 1987.

Mitgliedschaften:

CSU, GRUR, DGRI, GDD, GI, Eicar (Gründungsmitglied, mehrfach im Vorstand), VUD (Gründungsmitglied, mehrfach im Vorstand)

Wie wird der Vorname von Gravenreuth geschrieben?

Unklarheit besteht darüber, ob der Vorname von Gravenreuth mit "h" oder nicht geschrieben wird. Die überwiegende Schreibweise in seinen Signaturen und der Kanzleihomepage lautet "Günter". Allerdings taucht er auf dsrd immer wieder mal im Useraccount mit "th" auf, was etwas befremdet, weil dieser User-Eintrag ja von ihm selber stammt:

From: "Frhr. <b>Günther</b> v. Gravenreuth"<Gravenreuth@gravenreuth.de>
Newsgroups: de.soc.recht.datennetze
Subject: Uri Geller verklagt Pokemon!
Date: Thu, 21 Dec 2000 12:20:50 +0100

Auch der DENIC-Eintrag der Kanzlei-Homepage lautet in descr und person auf "th", hier ist eventuell aber ein DENIC- oder Sekretariatsfehler schuld an der Fehlschreibung, zumal auch die Hausnummer beim person-Eintrag fehlerhaft ist.

Gravenreuth selbst hat in einem Email zu diesem FAQ nochmal klar gestellt, dass er ohne "h" geschrieben wird. Es ist mir schleierhaft, warum er seinen Vornamen willentlich falsch buchstabieren sollte oder warum das irgendwie wichtig sein sollte und messe dieser Frage deshalb keine weitere Bedeutung zu.

Ist Gravenreuth wirklich ein Freiherr? Ist Gravenreuth adlig?

Der Adel wurde in Deutschland mit der Weimarer Verfassung endgültig abgeschafft. Dies bedeutet, dass Angehörige des Adels rechtlich nicht anders gestellt sind als jeder andere Bürger &#150; sie besitzen keine Privilegien. Im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Ländern (wie z.B. Österreich) dürfen aber in Deutschland die alten Adelstitel als Bestandteil des Nachnamens weitergeführt werden. Darüberhinaus hat sich der Adel in Deutschland (wie andernorts) in Adelsverbänden zusammengeschlossen, führt die Mitglieder des Adels in den "Genealogischen Handbüchern" und pflegt im Rahmen dieser Verbände auch das Adelsrecht, welches auf dem historischen Adelsrecht von 1918 beruht (welches wiederum auf das Salische Recht im Mittelalter zurückgeht). Das Adelsrecht regelt unter anderem, wie die Zugehörigkeit zum Adel und die Führung von adeligen Namen bestimmt ist. Das Adelsrecht ist dem geltenden bürgerlichen Gesetzesrecht untergeordnet, welches u.a. im Namensrecht rechtsverbindliche Vorschriften festlegt.

Den Publikationen der Vereinigung des Adels in Bayern e.v. (VAB) ist zu entnehmen, dass Gravenreuths Mutter, die Kunstmalerin "Hertha Freifrau von Gravenreuth", tatsächlich dem gleichnamigen oberfränkischen Uradel entstammt, der sich bis 1180 zurückverfolgen läßt (der "Freiherr" entspricht dem Baron). Am 8.1.1948 heiratet sie den bürgerlichen Dipl.-Forstwirt Ernst Ludwig Dörr. Nach dem Adelsrecht verliert sie damit die Adelszugehörigkeit und das Recht, die Bezeichnung "Freifrau von Gravenreuth" zu führen. Der Adelssrechtausschuß führt dazu aus (Quelle aus 1989, bestätigt aus 1999):

  • Der Adel wird nur im Mannesstamm an eheliche Kinder beiderlei Geschlechts vererbt.
  • Durch Heirat einer adeligen Frau mit einem nichtadeligen Mann verliert erstere die Zugehörigkeit zum Adel, unabhängig davon, welchen Namen sie nach der Eheschließung führt. Nimmt der nichtadelige Ehemann mit der Eheschließung den adeligen Namen seiner Frau an, erwirbt er damit nicht die Zugehörigkeit zum Adel. Auch die gemeinsamen Kinder gelten nicht als adelig, selbst wenn sie den Adelsnamen der Mutter führen. Eine Scheidung läßt den Adel der Frau nicht wieder aufleben.

Alle Familienmitglieder heissen demnach Dörr und FvG kommt am 12.7.1948 als "Günter Werner Dörr" zur Welt. Nach der Liberalisierung des Namensrechts, welches im Gegensatz zum (juristisch hier zurücktretenden) Adelsrecht, nahezu alle Namenskombinationen zuläßt, benennt sich die gesamte Familie Dörr ab 24.6.1980 wieder mit dem Adelstitel. Die Mutter heisst seit diesem Datum wieder "Hertha Frfr. von Gravenreuth", der Vater nun "Ernst Ludwig Dörr-Frhr von Gravenreuth". FvG heisst "Günter Werner Frhr von Gravenreuth", seine zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratete Schwester wird zur Freifrau. FvG ist zum Zeitpunkt der Umbenennung beinahe 32 Jahre alt, einige Mitstudenten hatten sich aufgrund der FAQ gemeldet und FvGs Namen aus dieser Zeit mit "Günter Dörr" angegeben. Folgerichtig (aus der Sicht des Adelsrechts) führen die Standardnachschlagewerke "Genealogisches Handbuch des Adels, Freiherrliche Häuser A Band XII, Limburg 1980, Seite132f" und "Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band IV, Limburg 1978, Seite 242" nur die Mutter, nicht aber den Rest der Familie. Dasselbe gilt für die Vereinigung des Adels in Bayern, die die Mutter Gravenreuths in der Stammreihe der von Gravenreuths führt (S. 325ff), den Ehemann und die Kinder aber im Anhang unter "Weitere Namensträger" (S. 954f).

Das Namensrecht erlaubt die Führung ehemaliger Adelstitel nur als Bestandteil des Nachnamens, es muss also "Günter Freiherr von Gravenreuth" heissen. Die Verwendung alter Adelstitel als Titel wie in "Freiherr Günter von Gravenreuth" ist zwar in Adelskreisen intern auch heute verbreitet, aber namensrechtlich nicht zulässig.

Abschließend läßt sich also zusammenfassen: Gravenreuth führt den Nachnamen "Freiherr von Gravenreuth" zu recht im juristischen Sinne (= gemäß Namensrecht), aber zu unrecht aus Sicht des Adelsrechts. Die Wiedereinsetzung des Titels als Bestandteil des Nachnamens im Jahre 1980 erfolgte offensichtlich als Familienentscheidung. Alle Gerüchte über eine Adoption, Unehelichkeit usw. sind falsch!

Sind die Gotcha-/Paintball-Fotos mit Gravenreuth echt oder gefälscht?

Die Fotos auf der RADWAR-Paintball-Seite sind echt, mehrere zeigen Gravenreuth im Tarnanzug (eins davon mit überblockten Augen und Gewehr im Anschlag). Gravenreuth distanziert sich in den Foren NICHT davon, sondern bezeichnet diese Freizeitaktivität als "Fun"! Wer Gravenreuth live "im Gefecht" erleben will, hat vielleicht bei einer der nächsten Veranstaltungen Gelegenheit dazu (Infos und Anmeldung).

Ist Gravenreuth bewaffnet?

Gravenreuth ist nach eigener Aussage Besitzer einer Schusswaffe. Als Grund gibt er an: "Man kann ja nie wissen." Eine Diskussion auf Juramail zur Klärung der Natur der Legitimation seines Schusswaffenbesitzes wurde von ihm nicht klar beantwortet, die wenigen Antworten deuten darauf hin, dass er im Besitz einer Waffenbesitzkarte ist, aber keinen Waffenschein hat.

Ist Gravenreuth Mitglied einer schlagenden Studentenverbindung?

Gravenreuths Mitgliedschaft in der K.B.St.V. "Rhaetia" wurde auf SPIEGEL ONLINE und im Stern veröffentlicht und von Gravenreuth in mehreren Foren bestätigt. Rhaetia ist keine "schlagende", sondern nur eine katholische studentische Verbindung! Die Homepage von Rhaetia führt Gravenreuth als Philister "Graferix". Rhaetia ist nach meinem Dafürhalten keineswegs eine trockene, streng konservative Verbindung. So wurde dem Freiherrn auf der Rhaetia-Homepage im Januar 2001 zeitweilig ein Link statt zur Gravenreuth-Homepage zur AdvoGraf-Satireseite untergejubelt und rhaetia.de-Webmaster Christoph Wittek betont: "dass die laufenden Aktivitäten GvGs nicht das Wohlwollen aller Rhaeten trifft ... und auch ich (z.B.) eine Menge von Stefan Münz's SelfHTML gelernt habe!"

Geht es Gravenreuth bei den Abmahnungen nur ums Geld?

Die Gravenreuthsche Quellenlage soll für sich selber sprechen:

  • "Wenn eine Mandantschaft selber abmahnt (= keine Arbeit für mich) [...] wird erfahrungsgemäß die Mehrheit der "Netzindianer" nicht ordnungsgemäß darauf reagieren. Folge: Beantragung einer EV = 33 Umsatz. Man muss es nur richtig machen [...]" Quelle
  • "Das OLG DüDO hat meine Phantasie zur Profit-Maximierung sehr angeregt." Quelle
  • "Wenn die "Börse" meiner Mandanten unterm Strich nicht stimmt, dann stimmt meine auch nicht." Quelle
  • "Traut man mir echt zu, dass ich mein(!) Honoar auch noch teile?" Quelle
  • "Wenn diese Menschen meinen Lebenstandard finanzieren würden, würde ich glatt zu arbeiten aufhören." Quelle
  • "Das OLG DüDO hat meine Phantasie zur Profit-Maximierung angeregt [...] Folge: Beantragung einer EV = 33 Umsatz." Quelle
  • Frage eines Forumteilnehmers: "Was halten Sie von einer Art Hypokratischem Eid, wo das Ziel Gewinnmaximierung für Rechtsanwälte hintan gestellt wird?" Antwort Gravenreuth: "Nicht!" Quelle
  • Auf die direkte Frage eines Forumteilnehmers "Es geht Ihnen meines Erachtens doch nicht um die Durchsetzung von Recht und Ordnung, sondern um das Geldverdienen?!", antwortete Gravenreuth: "Es geht um die Durchsetzung der Ansprüche meiner Mandanten." Quelle

Was hat es mit www.rXXXXn.com auf sich?

www.rXXXXn.com ist eine Internet-Seite, die auf Schockeffekte setzt und praktisch ausschließlich extrem harte Geschmacklosigkeiten anbietet, vornehmlich authentische Fotos von Leichen, Kinderleichen, Verstümmelungen, Unfallopfern, Obduktionen, Entstellungen, Mißbildungen, Schußwunden und dergleichen (der Inhalt solcher Websiten wird als "gore" bezeichnet). Die Webseite besitzt keine Altersprüfung und wird von zahlreichen Internetdiensten freiwillig ausgefiltert, bzw. gesperrt. Der Münchner Merkur berichtete im April 2002 darüber, wie Abbildungen dieser und ähnlicher Internet-Seiten unter Kindern und Jugendlichen für Mutproben benutzt würden und wie hilflos Schulen und Gesetzgeber solchen Internet-Angeboten gegenüber stehen.

Gravenreuth verweist in regelmäßigen Abständen in seinen Forumspostings bei Heise und Juramail auf diese Site, beziehungsweise auf spezifische Fotos dieser Site, und zwar unter expliziter Angabe der URLs. Es ist nicht ersichtlich, warum er dies tut, denn seine Verweise auf www.rXXXXn.com stehen in aller Regel nicht im thematischen Zusammenhang der Diskussion. Die Verweise zeugen vielmehr von einer befremdlichen Art von Humor: wird etwa in einer Juramail-Diskussion ein vermeintlich aussichtsloser Prozess als "totes Karnickel" bezeichnet, antwortet Gravenreuth mit einem Link zu www.rXXXXn.com, der ein totes Kaninchen zeigt, zusammen mit einem Weiterlink zu "Dead Bodies" und "Famous Nudes" (beide Links bieten das Versprochene). Das an sich harmlose Kaninchen-Bild bezeichnet er als Satire und postet den Link in wenigen Wochen gleich 18 mal bei Heise (die Heise-Diskussionsforen haben einen nennenswerten Anteil jugendlicher Leser). Die weitergehenden Links zu Sexseiten und Leichenfotos stören ihn offensichtlich nicht. Den Begriff "blaue Flecken" in einem Diskussions-Beitrag beantwortet er mit einem Link auf das authentische Foto eines verstümmelten Penis. Die Verlinkung solcher Angebote (auch über den Umweg eines relativ harmlosen Bildes) ist in meinen Augen anwalts-unwürdig.

Quellen für www.rXXXXn.com-Links von Gravenreuth: [1], [2], [3], [4], [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19], [20]

ACHTUNG: ich warne den FAQ-Leser eindringlich vor www.rXXXXn.com! Die verlinkte Website ist wirklich abartig und hat auf mich durchaus verstörend gewirkt. Kann sein, dass ich etwas sensibel bin, aber ich habe hiermit zumindest gewarnt! Ich habe den Namen der Website in diesem Abschnitt nicht aus juristischen Gründen ge-iXt, sondern weil ich eine solche Site nicht bewerben möchte.

Was ist der Compulaw-Verlag?

Gravenreuth betreibt im Eigenverlag den sog. Compulaw-Verlag unter der Adresse der Kanzlei und bewirbt diesen auf der Kanzlei-Homepage. Nach dortiger Darstellung führt der Verlag die folgenden zwei Titel (von mir rechtschreibkorrigiert):

  • Spionageabwehr gegen Computerspiel & Informatiker- und Mathematiker-Witze, Heitere Episoden aus der Cracker- und Computerfreak-Szene, ISBN 3-930082-03-9, 7,80 DM
  • "Das Computerprogramm besteht aus rhythmischen Geräuschen und Zischlauten!" - Technische und juristische Stilblüten aus EDV-Rechtsstreitigkeiten, ISBN 3-930082-00-4, 9,80 DM

Erster Titel liegt mir vor, es ist ein Mini-Büchlein (ich habe es im Flughafen-Wartesaal in ca. 15 Minuten gelesen), mit mehr oder weniger heiteren Episoden aus der Verfolgung von Raubkopierern und zumindest ein interessanter Einblick in Gravenreuths Persönlichkeit (wertfrei formuliert). Sowohl Bewerbung dieser Titel auf einer Kanzlei-Homepage, als auch die Darstellung von strafrechtlich relevanten Undercover-Aktionen gegen Jugendliche unter dem Blickwinkel der Stilblüte empfinde ich persönlich als problematisch &#150; aber Kunst ist bekanntlich frei und zumindest widerspricht es dem Klischee des humorlosen und verbissenen Abmahnhais.

Weitere Gravenreuth-Publikationen

  • Computerviren. Technische Grundlagen und rechtliche Gesamtdarstellung. Praxiswissen Recht. 2., neubearb. Aufl. 1997. XV, HEYMANNS Verlag, 135 S. ISBN: 3-452-23820-2

Was hat es mit den "Morddrohungs-Postings" auf sich?

In Foren, an denen Gravenreuth sich regelmäßig beteiligt, postet er häufig eine Liste mit Zitaten anderer Teilnehmer, vorwiegend aus dem Heise-Forum. Diese Zitate sollen belegen, dass die Forums-Teilnehmer angeblich gefährlich sind und zu Mord und Totschlag aufrufen. Oder auch, wie gefährdet Gravenreuth angeblich selbst durch die aggressiven Leser ist. Diese Liste stößt insgesamt auf ein recht gespaltenes Echo. Forenteilnehmer, die sie zum ersten Mal lesen, ergreifen oft spontan Partei für Gravenreuth und konzentrieren sich auf die kritische Bewertung der Zitate und deren Urheber. Andere, denen diese Liste schon mehrfach begegnet ist, reagieren teils unwillig, teils mit Häme oder dadurch, dass sie mit weiteren Drohpostings antworten. Unter Umständen liegt hierin das eigentliche Motiv der steten Wiederholung der "Morddrohungsliste", denn oft genug steht der entsprechende Beitrag völlig zusammenhanglos da. Nicht selten ergibt sich eine sehr lange Diskussion, die mit dem eigentlichen Thema meist nicht das geringste zu tun hat.

Bestätigten Aussagen zufolge wurde diese Liste aber auch mehrfach in Prozessen vorgelegt (erstmals im Speedlink-Prozess) um damit eine vermeintliche Kriminalität der "Markenverletzer-Szene" zu beweisen, und um zu begründen, warum z.B. Symicron die Existenz des Explorers nicht beweisen kann: man fühlt sich so bedroht von den vermeintlichen Mördern, dass es den tausenden Explorer-Kunden (lt. angegebenem Jahresumsatz und mehrfach genannten Einzelpreis) nicht zuzumuten sei, sich als Explorer-Kunden zu offenbaren siehe Juramail-Forum. Die Gerichte haben bislang aber der Liste durchgängig keine prozessrelevante Bedeutung beigemessen (aber in mindestens einem Fall die Beschimpfungen als "unappetitlich" bezeichnet).

Da zu den meisten Zitaten der Gravenreuthschen "Morddrohungsliste" die Quellen angegeben sind, lässt sich der Wahrheitsgehalt der behaupteten Drohung leicht überprüfen. Dabei stellt sich heraus, dass nicht wenige der Beiträge sinnenstellend gekürzt werden, z. B. werden die Smiles, Ironietags oder andere typische Kürzel entfernt, die den unernsten Charakter der Äußerungen andeuten, oder der Zusammenhang war völlig anders, so dass weder eine Morddrohung noch sonstige Bedrohung vorliegt. Da Gravenreuth die Bedeutung der Akronyme sehr wohl bekannt ist, wie der häufige Gebrauch durch ihn selbst belegt, hat diese Verkürzung schon Veranlassung gegeben, Gravenreuth als Fälscher und Demagogen zu bezeichnen und dies durch eine Gegenüberstellung von Original und Gravenreuthschem Zitat zu belegen Beispiel 1 Beispiel 2.

Es gibt in manchen Foren durchaus eine Reihe aggressiver und geschmackloser Posts gegen Gravenreuth. Diese werden von der überwiegenden Mehrzahl der Forenteilnehmer erkennbar abgelehnt. Ob sich aus diesen Post aber tatsächlich eine reale Bedrohung gegenüber Gravenreuth und seiner Mandantin ableiten lässt, ist mehr als fraglich. Zumal sich aus der Zahl der Zitate keineswegs auf eine ebenso hohe Zahl gewaltbereiter oder zu Gewalt aufrufender Netizen schliessen läßt: in vielen Fällen handelt es sich eindeutig um den selben Poster.

Auf Nachfrage erklärte Gravenreuth im Juni 2002 öffentlich, dass gegen die Morddrohungs-Post-Verursacher Strafanträge gestellt worden seien und es nun Sache der Staatsanwaltschaft sei, wie sie gegen die Urheber der Posts vorgehe. Konkrete Urteile gibt es noch nicht, aber laufende Verfahren. Ein Chefredakteur des Heise-Verlags sprach im Heise-Forum Anfang Juli davon, dass bislang ein einziges Auskunftsersuchen durch die Staatsanwaltschaft bezüglich einer Beleidigung erfolgt sei. Wie der Bedrohungs- und Beleidigungsgehalt der Morddrohungsliste strafrechtlich zu beurteilen ist, wird der Ausgang der eingeleiteten Verfahren der Staatsanwaltschaft zeigen, über die ich dann an dieser Stelle berichten werde.

Die Kanzlei Gravenreuth

Allgemeine Informationen

Kanzlei-Bezeichnung: "Frhr. v. Gravenreuth & Syndikus", Anschrift: Schwanthalerstraße 3, 80336 München, Telefon 089/596087, Telefax 089/597015, Email: gravenreuth@gravenreuth.de, WWW: " target="_blank www.gravenreuth.de.

Welcher Anwaltskammer gehört die Kanzlei Gravenreuth an?

Gravenreuth und Syndikus gehören der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München an:

Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München Landwehrstraße 61 80336 München Telefon-Nr.: 089/53 29 44-0 Telefax-Nr.: 089/53 29 44-28 E-Mail: rak.muenchen@datevnet.de

Die Münchner Rechtsanwaltskammer ist eine regionale Kammer der Deutschen Rechtsanwaltskammer:

Bundesrechtsanwaltskammer Littenstraße 9 10179 Berlin Telefon: 030 - 28 49 39 - 0 Telefax: 030 - 28 49 39 - 11 E-Mail: zentrale@brak.de

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts unterliegt die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München der Aufsicht des Bayerischen Staatsministerium der Justiz:

Justizpalast am Karlsplatz Prielmayerstraße 7 80335 München (Hausanschrift) oder 80097 München (Postanschrift) email: poststelle@stmj.bayern.de Telefon: (0 89) 55 97 - 01 oder (0 89) 55 97 - 31 11 (Pressereferat) Telefax: (0 89) 55 97 - 23 22 oder (0 89) 55 97 - 23 32 (Pressereferat)

Wer ist Bernhard Syndikus? Ist Syndikus sein echter Name?

Bernhard Syndikus ist Gravenreuths Partner in der Kanzlei "Frhr. v. Gravenreuth & Syndikus". Ich weiss nichts über ihn, außer seiner sehr spärlichen Biographie auf der Kanzlei-Homepage. Syndikus ist ein juristischer Begriff (Rechtsbeistand einer Körperschaft). Ich kann es nicht beurteilen und es mag dahingestellt bleiben, ob jemand mit dem (gar nicht so seltenen) Namen Syndikus zufällig auch Rechtsanwalt und Kanzleipartner wird (nomen est omen, selffulfilling prophecy?) oder ob hier eine Art Künstlername angenommen wurde, damit sich die Kanzlei gewichtiger anhört.

Was hat es mit www.singels.at auf sich?

Um den Jahreswechsel 2000/2001 geriet die Kanzlei Gravenreuth vorübergehend in den Verdacht, kommerzielle Sexdomains zu betreiben. Auslöser dieses Verdachtes waren die beiden Domains "www.singels.at" und "www.single-treff24.de", beide eingetragen im ADMIN-C unter dem Namen Bernhard Syndikus und der Adresse der Kanzlei. Bis zum Dezember 2000 fungierten die beiden Domains als eine Art Kundenfänger, bestehend aus jeweils einer einzigen Seite mit den für Sexdienste typischen Meta-Tags (u.a..: porno, live, cam, peep, show, teen, jung, gay, schwul, homo) sowie einer Weiterschaltung zu einer Hamburger Kontaktagentur, welche in ihren AGBs hingegen ihre Seriösität betonte (es seien keine Sexanzeigen zu schalten).

Ab Weihnachten 2000, nach erstmaliger öffentlicher Erwähnung in Diskussionforen, änderten die Domains ihr Verhalten und linkten nun beide auf eine weitere Verrmittlungsseite im Domain "www.sex24.tv" und diese wiederum zu einem Hardcore-Dienst namens "inet-cash". Alle drei Domains besassen bei inet-cash denselben Account zur Provisionsvergütung der Verlinkungsfunktion. Als Inhaber der Domain www.sex24.tv, registriert im Inselreich Tuvalu (Länder-TLD = tv), wurde Friedhelm Meinaß ermittelt &#150; ein Gravenreuth-Mandant. Friedhelm Meinaß ist kein Unbekannter: er ging mit Gravenreuth erfolgreich gegen die Zeitschrift "Fit-For-Fun" wegen des Slogans "Größter Singlemarkt Deutschlands" vor, da sein Online-Single-Portal deutlich mehr Einträge enthalte, als das angegriffene Print-Medium.

Anfang Januar wurde Bernhard Syndikus direkt von mir kontaktiert und dementierte die Inhaberschaft der Domains, sowie die Vermutung, durch Sexseiten-Verlinkung Provisionen zu erhalten. Er führte vielmehr aus, dass die betroffenen Domains in einer Art "Vorratshaltung" für einen Mandanten treuhänderisch und unkonnektiert gehalten worden waren, schließlich bei der Übertragung und Konnektierung der Domains die Aktualisierung des ADMIN-C mit den Daten des tatsächlichen Inhabers beim Provider Schlund irrtümlicherweise nicht vorgenommen worden sei. Man werde sofort die Berichtigung der Daten anmahnen. Tatsächlich gingen unmittelbar darauf am 8.1.2001 die beiden Syndikus-Domains offline, die Aktualisierung der ADMIN-C-Einträge erfolgte in den Wochen danach. Beide Syndikus-Domains wurden auf die "EmBee Werbegesellschaft" überschrieben. Die Darstellung von Bernhard Syndikus ist nach meiner Ansicht glaubwürdig, denn die beiden Firmen "EmBee" und "Travix" halten tatsächlich einen großen Vorrat von Single-Domains:

  • Fa. TRAVIX (= Friedhelm Meinass und Thorsten Blum): u.a. sex24.tv, singletreff.at, singeltreff.at, single-treff.at, singel-treff.at, singlefon.at, singelfon.at, single-fon, singel-fon, singlefax.at, singelfax.at, single-treff24.tv, singletreff24.tv
  • Fa. EmBee Werbegesellschaft GbR (= Christiane Mueller/Ewa Pochwatko): u.a. websex24.de, singel.tv, www.singels.at, www.single-treff24.de

Am 8.1.2001 gingen nicht nur die beiden Syndikus-Domains offline, sondern noch mindestens drei weitere Domains der beiden Firmen TRAVIX und EmBee. Die Frage, ob es sich bei den Single-Domains um Domain-Grabbing handelt, kann ich nicht beantworten, meines Wissens handelt es sich juristisch bei Reservierung zahlreicher ähnlich klingender Domains nur dann um Domain-Grabbing, wenn ein Dritter mit Ansprüchen auf den Begriff dadurch blockiert wird.

Gravenreuth-Under-Cover-Aktionen

Was hat es mit den sog. "Tanja-Briefen" auf sich?

Hierbei handelt es sich um eine Gravenreuth-Aktion aus dem Zeitraum 1985-1992: Gravenreuth ermunterte vorzugsweise männliche pubertierende jugendliche Computerfans durch gefälschte Bettelbriefe junger Mädchen zum Versand von Raubkopien. Im "Erfolgsfall" wurde den Jugendlichen eine Abmahnung mit Kosten von angeblich bis zu DM 4000,- sowie die Androhung einer Strafanzeige zuteil. Die entsetzten Eltern zahlten in aller Regel bereitwillig. Einige der benutzten Mädchen-Pseudonyme lauteten Tanja Nolte-Berndel, Monika Witte, Jasmin Flechter, Michaela Kriegel, Veronika B., Simone Reuenberg. Der erste Name dieser Liste wurde von Netizens zur Benennung der Aktion geprägt (daher Tanja-Briefe).

In der Diskussion um die Fragwürdigkeit dieser Aktion, betont Gravenreuth regelmäßig in den Foren, die Brief-Opfer hätten zuvor Software-Tauschpartner per Zeitschriften-Inserat gesucht, von Gerichts wegen sei deshalb festgestellt worden, dass die Täter schon VOR Versand der Raubkopien zur Tat entschlossen gewesen seien, mithin eine Anstiftung zur Straftat durch Gravenreuth nicht vorliege und die Aktion moralisch gerechtfertigt gewesen sei.

Mir sind allerdings keine derartigen Gerichtsunterlagen bekannt und ich habe auch nur von einem einzigen Prozess bezüglich der Tanja-Brief-Aktion gehört, der Angeklagte soll ein Student gewesen sein. Es mag also durchaus sein, dass ein Gericht in EINEM konkreten Fall von einem Vorsatz des Angeklagten ausging, für alle Opfer der Gravenreuth-Aktion kann ein Gericht eine solche Aussage gar nicht treffen. Da Gravenreuth anhand der Annoncen auch nur Mutmassungen über die Opfer anstellen konnte, gerieten auch Erwachsene, darunter ein Richter in die Empfängerliste der Tanja-Briefe. Die Gravenreutsche Logik zur Moralfrage dieser Aktion ist schon beachtlich: man sendet an beliebige Empfänger eine Aufforderung zur Straftat, und diejenigen, die der Aufforderung folgen, erklärt man rückwirkend als schon zur Tat entschlossen. Nach dieser Gravenreuthschen Logik ist eine Anstiftung zur Straftat eigentlich prinzipiell gar nicht möglich.

Unabhängig von der juristischen Debatte um die Rechtmäßigkeit solcher Aktionen, können Sie natürlich für sich selbst mit den nachfolgenden Quellen zu einer persönlichen Einschätzung kommen, ob die Briefe so formuliert waren, einen schon von vornherein zur Tat Entschlossenen zu überführen, oder einen eventuell noch nicht von vornherein zur Tat Entschlossenen zu einer Tat zu verleiten:

"Hallo XXXXXXXXX

ich habe Deine Anzeige in der Computer Flohmarkt gelesen, mir gedacht schreib mal vielleicht koennen wir ja Spiele tauschen. Nun die Wahrheit ist ich habe den Tip von einem Klassenkameraden bekommen mir eine Computer Zeitung zu kaufen und dann jemanden zu schreiben. Er ist der Meinung das ich auch mal Spiele besorgen soll und nicht immer welche von ihm nehme obwohl ich ihm immer fuer eine volle Diskette zwei leere geben muss. Naja das ist nun mein zweiter Versuch, beim erstenmal habe ich einen Peter Zielonki aus Hamburg angeschrieben, er schrieb auch sofort zurueck ich sollte ihm 10 leere Disketten schicken nur bis heute habe ich noch keine Antwort und keine Disketten bekommen. Wie es aussieht sind die 10 Disketten wohl weg denn das ist auch schon 6 Wochen her. Ich hoffe ich habe da bei dir mehr Glueck und Du gehoerst nicht zu den Typen die erst schreiben schicke mir Diskette und Du behaeltst sie dann einfach denn bei 50 DM Taschengeld kann ich mir das nicht erlauben.

Nun zu mir, ich habe am 15.3. Geburtstag bin also fast 16 Jahre alt gehe in die Anna Peters Schule in Gladbeck mitte in die Klasse 9b. Jetzt fang bloss nicht an zu Rechnen denn eine Ehrenrunde habe ich gemacht kann aber jeden mal passieren. Ausgang habe ich bis 22.30 Uhr, Wochenende auch schonmal etwas laenger je nach Laune meiner Oberregierung. Hobbys habe ich erstmal den PC, ab und zu Tanzen gehen und wenn das Geld reicht schon mal ins Kino. Das wars erst mal zu mir und jetzt zu meinen Programmen, ich habe Norton 4.0, Corel Darw 4.0, Star Writer 1.0, PC Tools 9.0, Dos 6.0 und Dos 6.2, Windows 3.2 englische Version, Money 1.0 fuer Windows, Works 2.0 fuer Windows, Jack Nicklas Golf, Yier Air Kung Fu, Time Machine, They stole one Million Dollar Combat School, Druid, Starrion ist aber nichts Dolles, Boxing, Der blaue Kristall, Spellbreaker und PinnballDreams Fantasy. Ich haette gerne Super Hang on, Vermerr, Waterloo, Supermann, R.-Type, Elite, Bundesliga Manager 1 u 2, Hanse, Waterloo, Robocop und Last Ninja. Ich habe noch eine paar andere Programme aber die kann ich Dir ja das naechste mal mit aufschreiben. Schicke mir wenn Du hast auch eine Photo und eine Liste von Dir, ich werde dir auch ein Foto von mir mitschicken wenn ich eins finde sonst das naechste mal,

bis dann XXXXXXXX und tschuesssiii Simone.

PS. Ich werde mal versuchen ein Adressettikett zu Drucken, leider Kosten diese Etiketten zuviel fuer 100St! Sueck 6.95 DM ganz schoen happig find ich . Fall du interesse an Singels,LP oder CD hast kann ich Dir das naechste mal meine Liste schicken, vielleicht koennen wir ja dann Platten gegen Programme tauschen.

Einen weiteren Original-Brief als Faksimile mit Abbildung des Mädchens aus dem Jahr 1992 hat Martin Vogel im Netz veröffentlicht. Die Tanja-Briefe werden im Zusammenhang mit den Explorer-Abmahnungen häufig zur Darstellung des Gravenreuthschen Charakters zitiert. Der SPIEGEL berichtete 1993 in der Ausgabe Nummer 34 (mit einem Faksimile-Brief) über die Aktion. Volker König hat 1994 in einem sehr aufschlußreichen c't-Artikel über die Tanja-Brief-Aktion und ihre rechtliche Umstrittenheit berichtet &#150; unbedingt lesen!

Woher stammt das Foto auf den "Tanja-Briefen"? Kann sich die dargestellte Person dagegen wehren?

Das Foto stammt lt. Gravenreuth von einer Bildagentur. Die dargestellte Person kann sich in diesem Fall nicht gegen die Verwendung der Abbildung wehren, da entsprechende Rechte am eigenen Bild bei der kommerziellen Verwendung i.d.R. ausgeschlossen werden. Weder die abgebildete Person noch die Bildagentur wissen, wofür das verkaufte Bild vom Kunden letztendlich verwendet wird. Die Herkunft des Bildes ist letztendlich aber nicht geklärt und die Herkunft aus einer Bildagentur wird angesicht der Bildqualität von einigen Lesern stark bezweifelt.

Hat Gravenreuth weitere Under-Cover-Aktionen à la "Tanja" durchgeführt?

Ja. Die Verfolgung von Computerkriminalität mit Werkzeugen versteckter Ermittlungen (Testkäufer, Szene-Informanten, Überwachung von Postfächern etc) kann man wohl getrost als die Obsession Gravenreuths bezeichnen. Im Dezember 1996 veröffentlicht Gravenreuth im Eigenverlag das Büchlein "Spionageabwehr gegen Computerspiel" - eine "[...]Reihe heiterer Geschichten[...]" aus "[...]nunmehr fast 12 Jahren Pirateriebekämpfung[...]". Dieses Büchlein enthält einige Hinweise über Undercover-Aktionen. Erwähnt werden u.a. das Aufspüren und Hochgehen-Lassen von sog. Copy-Parties (S.13f), der umfängliche Einsatz von Testbestellern (hier ausführlich zur Aufdeckung unzulässiger Software-Vermietung durch Videotheken, S48ff), sowie der Besuch von Computerveranstaltungen (hier ausführlich der Besuch eines "Tages der Offenen Tür" bei einem Computerhändler mit anschließender Hausdurchsuchung einer des Cracking verdächtigten Person (S.17ff).

In einem persönlichen Email (zur Verwendung in der FAQ), berichtet Gravenreuth von frühen Under-Cover-Aktionen gegen Asterix-Plagiate (Gravenreuth war dabei in einer Kanzlei angestellt, die die Markenrechte der Asterix-Figuren bis heute vertritt):

  • Das "Graferix" ist darauf zurückzuführen, dass ich als junger angestellter RA (ca. 1983)-85 erfolgreich Asterix-Plagiate (z.B. "Asterix und das Atomkraftwerk" und "Asterix im Hüttendorf" verfolgt habe. Wie bekommt man den Versandhandel von diesen Plagiaten in den Griff? Ganz einfach man hat zufällig(?!) ein Liste von vielen alternativen Buchhandlungen in Deutschland. Man kauft Postkarten gegen Kernkraft, Nachrüstung u.ä. Man setzt Werkstudenten (= Rhaeten) darauf an diese Läden mit diesen Postkarten anzuschreiben. Sinngemäß mit: "Hallo ich habe erfahren Ihr habt den Atom-Asterix! Bitte sendet mir einen oder sagt mir wo ich ihn bekomme". Naja - dann gab es keinen Versandhandel mit diesen Plagiaten mehr :-))

Als weitere Under-Cover-Aktionen werden von einigen Informanten Vorgänge geschildert, die ich bislang nicht mit konkretem Material belegen kann, darunter die Unterwanderung der Mailbox-Szene (in Mailboxen wurden im großen Stil Raubkopien getauscht) durch Spitzel (u.a. dem berüchtigten Kimble) und Serienabmahnungen unter Einsatz von Testkäufern (u.a. gegen das Produkt "Triton").

Weiterhin sollen in großem Stil sogenannte BBS durch Spitzel auf Provisionsbasis aufgespürt und durch die Kanzlei Gravenreuth abgemahnt worden sein. Dabei handelt es sich um elektronische "Schwarze Bretter", die häufig zur Verbreitung von Raubkopien benutzt wurden. Gravenreuth selber behauptet, ca. 400-600 solcher Dienste "gebustet" zu haben. Ein Dossier über diese Tätigkeiten ist derzeit bei mir in Vorbereitung. Einen Szene-Einblick geben die Autoren Denis Moschitto und Evrim Sen in dem Buch "Hackertales - Geschichten von Freund + Feind" (Tropen-Verlag, ISBN 3-932170-38-5) in der Geschichte Buster (S. 97ff). Allgemeine Beiträge und Hintergrundinformationen zu den rechtlichen Aspekten dieses Themas finden sich bei Volker König [Quelle 1, 2, 3].

Gravenreuthsche Darstellungen zur Legitimität der Tanja-Brief-Aktion

Gravenreuth hat mir im Januar 2001 Material über die Legitimität der Tanja-Brief-Aktion zugesandt. Hierbei handelt es sich augenscheinlich um Presseinformationen der Kanzlei Gravenreuth, die zur Zeit der Publikwerdung der Tanja-Briefe an die Presse gegeben wurden. Die Informationen sind im nachfolgenden vollständig wiedergegeben und von mir kommentiert. Weggelassen habe ich lediglich eine kleine Literaturliste mit Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln zum Thema Raubkopien aus den Jahren 1981 bis 1985. Die in den Texten erwähnten Anlagen wurden mir nicht zugesandt. Meine Kommentare sind für Referenzzwecke in einer etwaigen anschließenden Diskussion numeriert.

Ich möchte vorab nochmal betonen, dass die von mir angeprangerte Thematik der Tanja-Briefe darin besteht, dass Unschuldige durch die Machart der Briefe dazu angestiftet werden könnten, Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Es wird von mir nicht in Frage gestellt, dass kopierte Software eine zu ahndende Urheberrechtsverletzung bedeutet, es wird von mir nicht in Frage gestellt, dass sich unter den Tanja-Brief-Empfängern auch mit Sicherheit professionelle, gewerbliche und vorsätzliche Raubkopierer befanden. Es geht um die Frage der Verhältnismäßigkeit und der Methodik, und ich möchte meinen Standpunkt durch einen Vergleich verdeutlichen: wenn ein Zivilpolizist den Hauptbahnhof betritt und die dort befindlichen Drogensüchtigen jeweils um Verkauf einer gewissen Menge Drogen bittet, die einen Marktwert von beispielsweise DM 50,- hat, und der Angesprochene verkauft die Drogen zu dem angegebenen Preis, dann würde ich ihn als Dealer bezeichnen. Wenn der Drogensüchtige von dem Polizisten allerdings für die selbe Menge Drogen DM 1000,- angeboten bekommt (und der Polizist kann jeden beliebigen Betrag anbieten, weil er das Geld ja sofort wieder abnimmt), dann muss vermutet werden, dass auch solche Drogensüchtige Stoff aus ihrem Besitz verkaufen, den sie für den eigenen Konsum in Besitz hielten und die noch nie als Dealer in Erscheinung getreten sind. Ein echter bayerischer Hardliner wird zwischen beiden Fällen vielleicht keinen Unterschied feststellen können, doch ein Gericht würde bei der strafrechtlichen Bewertung den unverhältnismäßigen Anreiz sicherlich strafmildernd bewerten.

Ich stelle daher in Bezug auf die Tanja-Brief-Aktion folgende Thesen auf:

  1. Die Formulierung der Tanja-Briefe war daraufhin ausgelegt, auch unschuldige Computernutzer zu Urheberrechtsverletzungen anzustiften. Als Zielgruppe wurden pubertierende Minderjährige angesprochen, die auch einen Großteil der Homecomputerszene stell(t)en.
  2. Die Formulierung der Tanja-Briefe war ungeeignet, professionelle und gewerbliche Raubkopierer zu überführen. Ein Mädchen, welches überwiegend über Taschengeldmangel jammert und daher um kostenlose Raubkopien bittet, dürfte für profit-orientierte, kriminelle Raubkopierer höchst uninteressant erscheinen. Wegen dieses Umstandes vermute ich, dass nur wenige "große Fische" ins Netz der Tanja-Briefe gingen und tatsächlich steht der einzige im nachfolgenden Gravenreuth-Material zitierte große Raubkopierfall nicht im Zusammenhang mit den Tanja-Briefen.
  3. Gewerbliche, profit-orientierte professionelle Raubkopierer hätten auch durch solche Anschreiben überführt werden können, die kein Risiko der Anstiftung Unschuldiger beinhalteten. Diese Fälle wären nicht so zahlreich gewesen, hätten einer strafrechtlichen Verfolgung bedurft und somit zwar hohe Schadenersatzzahlungen an die Herstellerfirmen und evtl. Haftstrafen für die Täter bedeutet, aber keine Abmahn-Einnahmen für den RA. An einer solchen Vorgehensweise gegen kapitale Verbrecher scheint kein Interesse bestanden zu haben.

Hier nun das Gravenreuth-Material (in kursiver Schrift, Anmerkungen in Normalschrift):

  • Wir bearbeiten derartige Software-Piraterie-Fälle seit über 15 Jahren.
  1. Na ja, lassen wir das mal so stehen. Da die Kanzlei erst 1987 gegründet wurde, kann eine 15jährige Erfahrung der Kanzlei erst im Jahr 2002 vorliegen, aber die Anwälte haben möglicherweise im Angestelltenverhältnis bereits vor Gründung der Kanzlei Software-Piraterie-Fälle bearbeitet.
    • Damals erschienen Kleinanzeigen, in denen unter Nennung des Namens des Inserenten und der Programme, sowie des Verkaufspreises die Raubkopien noch offen inseriert wurden. Anschließend gab es Kleinanzeigen, in denen ohne jegliche weitere Information nur Name und Adresse oder Telefonnummern veröffentlicht wurden, dann gab es Kleinanzeigen, in denen der gesamte Text im ASCII-Format wiedergegeben war, vor ca. zwei Jahren waren die "System-Wechsel" in Mode, d.h. immer die selben Personen haben über Monate hinweg immer wieder Inserate geschaltet, wonach sie angeblich von einem Computersystem zu einem anderen wechseln wollten. Teilweise wurden sogar für den Computer, den man angeblich abgegeben wollte, noch Programme (Raubkopien) gesucht. Zeitweise wurden "zuverlässige Tauschpartner" gesucht. Auch unter dem Begriff "Public-Domain-Software" werden seit Jahren Raubkopien von Programmen, die keine Public-Domain-Software sind, verbreitet. Zur Zeit sind die Angebote von angeblichen Original-Programmen und/oder Hardware "in Mode gekommen". Wenn man Anzeigen wie: "Verkaufe 386PC u. Disk" hinterfrägt sind diese Disketten im Regelfall Raubkopien. Selbiges gilt auch für Texte wie: "Verkaufe Originalsoft und einiges mehr".
    • Wenn man scheinbar "harmlose" Inserate hinterfragt, zeigt sich sehr rasch, daß es doch wieder um Software-Piraterie geht, was auch der vorliegende Fall zeigt. Aussagen wie "Verkaufe EPSON P60; suche Info" oder auch nur "suche" sind z. Zt. offensichtlich die in der Szene gebräuchlichen Stichwörter für Raubkopien, unabhängig vom sonstigen Text.
  1. Das Hauptargument der Rechtfertigung der Tanja-Briefaktion besteht darin, dass man nur auf solche Zeitungsinserate hin Bettelbriefe verschickt habe, die bereits vorher Raubkopien angeboten hätten. Diese vorab geschalteten Inserate würden beweisen, dass der Täter von vornherein und schon vor Empfang des Tanja-Bettelbriefes zur Tat entschlossen gewesen sei. Der vorliegende Absatz beweist hingegen, dass man bei der Auswahl der Bettelbrief-Opfer keineswegs auf potentiell verdächtige Raubkkopierer abzielte! Denn schon nur die Existenz des Wortes "suche" in einer Anzeige reiche aus, um im nachhinein zu beweisen, dass ein Tanja-Briefopfer schon vorher zur Tat entschlossen gewesen sei. Mit anderen Worten: JEDE Anzeige in einer Computerzeitschrift ist geeignet, einen von vornherein zur Tat Entschlossenen zu beweisen. Diese Darstellung ist Unfug und wird auch von den Fakten widerlegt - selbst ein Richter gehörte zu den Tanja-Briefempfängern.

    In Dortmund wurde beispielsweise ein großer gewerblicher Softwarepirat ermittelt, der nur über Hardware-Inserate an die Öffentlichkeit getreten ist. Nach den Ergebnissen der polizeilichen Ermittlungen hatte er ca. 2000 Kunden, welche er mit Raubkopien belieferte, bezog die Leerdisketten für seine Softwarepiraterie in 500-Stück-Paketen und erzielte monatlich mehrere tausend DM an Erlös aus der Softwarepiraterie. Mit 300 Tagessätzen erhielt er, soweit bekannt, die bisher höchste Geldstrafe die in einem Softwarepirateriefall in Deutschland verhängt wurde.

3. Es besteht gar kein Zweifel, dass Raubkopiererei in erheblichem Umfang und mit erheblicher krimineller Energie in gewerblicher Ausprägung und mit spürbaren Schaden für die Softwarehersteller zu dieser Zeit stattgefunden hat (und auch heute stattfindet). Nur: die Erwähnung einer Straftat, die über Inserate abgewickelt wurde, sagt überhaupt nichts darüber aus, ob eine unschuldige Person duch einen Tanja-Bettelbrief zu einer Raubkopie verleitet werden konnte oder nicht. Oder anders: der professionelle Raubkopierer aus obigem Beispiel wäre auch durch eine solche Testbestellung überführt worden, die nicht auf das Mitleid oder das Imponiergehabe eines Pubertierenden gezielt hätte. Umgekehrt kann man sogar sagen, dass ein Bettelbrief eines Mädchens, das vorgeblich nur über wenig Taschengeld verfügt und deshalb um kostenlose Raubkopien bittet, für den gewerblichen Raubkopierer vollkommen uninteressant sein muss. Gerade die Tanja-Bettelbriefe waren wegen ihrer Machart NICHT GEEIGNET, gewerbliche, professionelle Raubkopierer zu ermitteln!

    In der - Anlage - zu diesem Schreiben wird das Urteil des LG Hannover vom 13.01.1993 in Kopie überreicht. Hierin führt das erkennende Gericht (vgl. Seite 7, 2. Absatz) überzeugender Weise vor, daß nach einem vorangegangenen Inserat die Ermittlung von Software-Piraterie-Fällen kein "rechtsmißbräuchliches Verhalten" ist, insbesondere daß der Beklagte nicht zur Weitergabe von Raubkopien verleitet wurde. Ein derartiges Verhalten ist zulässig, insbesondere müssen die ermittelnden Personen sich gegenüber dem Verletzer nicht offenbaren (vgl. OLG Karlsruhe GRUR 1994, 62).

4. Da die Anlage fehlt, ist dieses Zitat mit Vorsicht zu geniessen. Es ist nicht ersichtlich, ob es sich bei dem erwähnten Urteil um einen Tanja-Prozess handelt, ob das Urteil rechtskräftig wurde und wie der Einzelfall aussah. Wenn man bei einem Tanja-Brief-Opfer in einer Hausdurchsuchung Material sicherstellt, welches beweist, dass der Täter in gewerblichem Umfang Raubkopien verbreitet hat, dann kann das Gericht daraus sicherlich begründet schließen, dass der Täter von vornherein zur Tat entschlossen war. Jedes solche Individual-Urteil sagt nichts darüber aus, ob ein anderer, unschuldiger durch einen Bettelbrief erst zur Tat verleitet wurde. Gravenreuth-Logik: weil ein Täter per Zeitungsinserat in großem Umfang Raubkopien verbreitet hat, sind alle Tanja-Briefopfer von vornherein zur Tat entschlossen gewesen.

    Sinngleich hat das LG Frankenthal im Urteil vom 23.03.1993 (Az. 6 O 143/90) entschieden. Auch der dortige Beklagte hatte erst selbst ein Inserat geschalten und anschließend Raubkopien verbreitet. Von einer Vorlage dieser Entscheidung wird vorerst abgesehen, da der Hauptstreitpunkt in dieser Sache die Frage war, ob das Angebotschreiben "an eine Andrea" vom dortigen Beklagten stammte (konnte mit Hilfe eines Schriftsachverständigen nachgewiesen) werden. Dann führte das LG Frankenthal nur noch aus:"Wie der Zeuge W. noch geschildert hat, gehörte der Beklagte einer Gruppe von Jungen an, die alle Computer hatten und im Umgang mit diesen vertraut waren. In solchen Kreisen weiß man, daß die Herstellung und Verbreitung von Raubkonien verboten ist."

5. Also, worum ging es in dem Prozess? Wieder gelten die Einwände aus 4. - es geht um einen Einzelfall. Was soll uns der Hinweis sagen, dass der Beklagte wohl wusste, dass die Verbreitung von Raubkopien verboten ist? Jeder Autofahrer weiss auch, dass es verboten ist, in einer 30-Zone 50 km/h zu fahren - die Strafe beträgt hier DM 30,-.

    Das Landgericht Stralsund kommt in dem Beschluß vom 8.4.94, (Az.: 1 AR 1/94) zu der Auffassung, daß die Betroffenen keineswegs erst zu Straftaten verleitet worden sind, sondern es im dortigen Fall der Beschuldigte war, der sich zuerst mit einer Anzeige an einen unbestimmten Personenkreis gewandt hat und Computerspiele angeboten hat.

    Zu diesem Ergebnis kommt auch das Amtsgericht Düsseldorf im Urteil vom 11.3.1994 (57 C 269/93), aus dem ich zitieren darf: "Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Klägerin zur Aufdeckung von Urheberrechtsverletzungen einer in ihrem Auftrag handelnden Person bediente. Ausgangspunkt für die späteren Rechtsverletzungen war die Anzeige des Beklagten. Nicht der ursprünglich redlich handelnde Beklagte ist zu einer Rechtsverletzung veranlaßt worden, sondern die im Auftrag der Klägerin handelnde Person hat die Rechtsverletzung des Beklagten aufgedeckt." Dieses zwischenzeitig rechtskräftige Urteil ist im vollen Umfang im COMPUTER-FLOHMARKT 5/6 1994, 5. 94, linke Spalte und auszugsweise in c't 6/1994 5. 17 veröffentlicht.

6. Siehe Einwände aus Punkt 4.

    Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte (damals noch als Innenminister) in einem Rundfunkinterview in zutreffender Weise:"Man kann nur mit dieser oder jener Methode in diese oder jene kriminelle Szene eindringen!" (Bayerischer Rundfunk, 5. Programm, 18.04.1993, 12.34 Uhr).

    Der damalige sozialdemokratische Innenminister (NRW) Herbert Schnoor erklärte in einem anderen Zusammenhang "V-Männer können sich im kriminellen Milieu nur halten, wenn sie mitmischen" (DER SPIEGEL 22/1994, 5. 17)."

7. Hier ist keinerlei Zusammenhang zu erkennen. Das Schnoor-Zitat z.B. wurde im Zusammenhang mit dem umstrittenen Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene vor dem Hintergrund des ausländerfeindlichen Brandanschlages in Solingen gemacht. Dabei ging es darum, wie aktiv V-Leute in der Nazi-Szene werden dürfen, bzw müssen. Was soll das mit Raubkopierern zu tun haben? Speziell diese manipulative Form der Zitierung außerhalb jeglichen Zusammenhangs stellt alle Urteilszitate im Gravenreuth-Text in erhebliche Zweifel. Ohne Kenntnis des Gesamtzusammenhangs sind diese so wertlos wie das Schnoor-Zitat!

    Ebenso verhält es sich in der Raubkopierer-Szene, wo die von der Industrie beauftragten Testbesteller einerseits streng darauf achten, selbst nicht rechtswidrig zu handeln, andererseits jedoch um Pirateriefälle erfolgreich aufdecken zu können, die diesbezügliche Szene und ihre Gepflogenheiten bestens kennen und zu einem "szenentypischen Verhalten" (Schnoor, SZ 1.06.1994 S.5) in der Lage sein müssen. Da die Testbestellereigenschaft für den Verletzer nicht erkennbar ist, er also die Raubkopien auch jedem anderen Interessenten angeboten und ggf. geliefert hätte, liegt auch keine Anstiftung vor (vgl. LG Heilbronn NJW 1985, 874 mit Hinweis auf die Revisionsentscheidung des OLG Stuttgart).

8. Noch ein Schnoor-Zitat, dass sich nicht auf Raubkopiererei bezog und noch ein Beispielurteil, von dem wir nicht mal wissen, ob es überhaupt irgendetwas mit Tanja-Briefen zu tun hat.

    Daß die Raubkopier-Szene keinesfalls harmlos ist kann man den in - Anlage - überreichten Presseausschnitten entnehmen - wobei auch dies nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs ist.

    Vor einigen Jahren gab es einen Brandanschlag bei der Firma DATA BECKER, einem Softwarehaus, das ebenfalls gegen Softwarepiraten vorgeht. Die nie ermitteltenden Täter war angeblich Computerfreaks aus Bochum. Es erfolgten wiederholt Mord- und Bombendrohungen gegen unsere Personen bzw. Anwaltskanzlei. Tatsächlich kam es auch zu verschiedenen Anschläge wie z. B. eine Sprengung des Kanzleibriefkastens am 20. Dezember 1994, einem Diebstahl der teueren Kanzleischilder (Bronze) und deren Wiedergabe als Picture-Files auf Grabstein im Internet und in Mailboxen.

9. Für den Beweis der Gefährlichkeit der Raubkopier-Szene werden (abgesehen von nicht nachprüfbaren Drohungen) ganze drei Vorfälle aufgeführt: ein Brandanschlag auf ein Softwarehaus, in dem die Täter nie ermittelt wurden, folglich kein Motiv bekannt ist und ein Zusammenhang mit der Raubkopierszene vollkommen spekulativ ist. Eine Sprengung des Kanzleibriefkastens - auch hier wurde (nach aktueller FvG-Auskunft) kein Täter ermittelt, d.h. es kann sich auch um einen Dumme-Jungen-Streich handeln, wie er in Deutschland täglich Dutzende Male passiert. Und dann haben wir noch einen Diebstahl, bei dem der Täter auch nicht ermittelt wurde und ebenfalls ein Dumme-Jungen-Streich nicht ausgeschlossen werden kann. Ich denke, jedem von uns wird im Laufe des Lebens etwas gestohlen und kaputt gemacht &#150; aber bei Gravenreuth ist es natürlich immer die gefährliche Raubkopier-Szene. Für alle drei ausgeführten Beispiele gilt: niemals wurde ein Zusammenhang mit der Raubkopier-Szene nachgewiesen, ein solcher Zusammenhang ist blosse Spekulation, daraus eine "Gefährlichkeit der Raubkopier-Szene" abzuleiten ist durch keinerlei Beweis fundiert.

    Auch die Testbesteller sind derartigem Terror ausgesetzt. So erschien im COMPUTERFLOHMARKT 5/95 ein Inserat mit der Aufforderung die (im amtlichen Telefonbuch nicht eingetragene) Telefonnummer eines Testbestellers anzurufen. Sofort nach erscheinen des Inserats setzte ein Tag und Nacht andauernder Telefonterror ein. Wie sich später herausstellte, wurde dieses Inserat von einem 14-jährigen aufgegeben.

10. Ein Dumme-Jungen-Streich also.

    Soweit die Methode der Ermittlung des vorliegenden Verletzungsfalls angesprochen wird, wird darauf hinweisen, daß beispielsweise der Scripten-Dienst des bundesweit bekannten juristischen Repetitonum Alpmann-Schmidt wie folgt arbeitet: Wenn ein Fotokopierladen z. B. durch einen anonymen Anruf in den Verdacht geraten ist, daß dort Alpmann-Scripten kopiert werden, wird ein Privatdetektiv beauftragt dies zu überprüfen. Falls dann ein Mitarbeiter des Fotokopierladens sich bereit erklärt ein vom Privatdetektiven mitgebrachtes Alpmann-Schmidt-Scriptum zu kopieren, erfolgt die Abmahnung. Dieses Vorgehen wurde sowohl vom OLG Hamm (Az.: 4 U 148/80) , als auch vom LG München 1 (Az.: 7 0 17 597/94) als zulässig erachtet.

11. Ist der Privatdetektiv 15 Jahre alt und weiblich? Ist der Mitarbeiter des Fotokopierladens auch 15 Jahre alt und männlich? Jammert der Privatdetektiv dem Fotokopierladenbesitzer etwas über zuwenig Taschengeld vor und ob man die Scripte tauschen könnte?

    Die diesbezüglichen Abmahnungen gehen sogar wesentlich weiter als die der Software-Unternehmen, d. h. sie umfassen auch dann alle Alpmann-Schmidt-Scripten, wenn nur in einem Einzelfall ein einziges Scriptum nachweislich kopiert wurde. Würde man dies beispielsweise auf ein Softwarehaus übertragen, so könnten wir, wenn nur ein einziges Computerprogramm als Raubkopie verbreitet wurde, Unterlassungsansprüche bezüglich sämtlicher von diesem vertriebener Computerprogramme, d. h. bei einzelnen Rechteinhabern hunderte von Programmen geltend machen (und hieraus die Abmahnkosten berechnen)

12. Auch diese Spekulationen über die Übertragbarkeit von Rechtsbereichen sagt nichts über den möglichen Anstiftungscharakter der Tanja-Briefe aus.

    Auch Minderjährige sind, wenn sie das 7. Lebensjahr vollendet haben, für Schäden, die sie anderen zufügen, verantwortlich, § 828 I BGB. Dieser setzt voraus, daß der Jugendliche in seiner geistigen Entwicklung so weit fortgeschritten ist, daß er imstande ist, das Unrecht seiner Handlung gegenüber Dritten einzusehen und gleichzeitig zu erkennen, daß er in irgendeiner Weise selbst für seine Handlung einzustehen hat. (BGH LM § 276 Nr. 2). Jemand, der in der Lage ist Kopien von Programme zu verbreiten, kann sich nicht darauf berufen, daß ihm die intellektuelle Fähigkeit fehle, das Unrecht seines Handelns zu begreifen. Damit kann sich der minderjährige Verletzer nicht auf seine mangelnde Deliktsfähigkeit berufen, zumal sowohl die Computerzeitschriften als auch die allgemeine Presse seit Jahren davon berichtet, daß Raubkopien nicht verbreitet werden dürfen. In - Anlage - zu diesem Schreiben erhalten Sie einige einstweilige Verfügungen des LG Düsseldorf, die ein anderes Softwarehaus bereits vor ca. 15 Jahren gegen Minderjährige erwirkt hat, sowie neuere Entscheidungen des OLG Schleswig, der Landgerichte Berlin, Braunschweig und Hannover (5 Urteile), Düsseldorf und der Amtsgerichte Alfeld (Leine) Amberg (2 Entscheidungen), Bielefeld (2 Entscheidungen) Düsseldorf, Hannover (2 Urteile), München und Münster sowie ein Hinweis des AG Nürnberg,bezüglich minderjährige Software-Piraten. Durch das LG Frankenthal ist eine ähnliche Entscheidung gegen einen Minderjährigen ergangen. Diesem Urteil ist infolge eines Fehlers im Rubrum leider nicht zu entnehmen, daß der Beklagte minderjährig ist. Desweiteren wird auf OLG Hamm NJW 1991, 2161 verweisen. Dieser Beschluß betraf ebenfalls einen zur Tatzeit Minderjährigen. Fast alle der o. g. Entscheidungen wurden durch von uns vertretene Firmen erstritten.

13. Mit diesen Ausführungen soll das Vorgehen gegen Minderjährige gerechtfertigt werden. Angeblich soll das jüngste Opfer der Tanja-Briefaktion nur 10 Jahre alt gewesen sein. Bei den vorgenannten Urteilen besteht wieder das Problem der Verifizierung, da die Anlagen nicht bekannt sind - eine Verifizierung ist aber wegen der Gewohnheit Gravenreuths, aus dem Zusammenhang gerissen zu zitieren, unerlässlich. Da Minderjährige unter 14 Jahren nicht straffähig sind, geht es bei den erwähnten Urteilen offensichtlich um die Rechtfertigung von Schadenersatzansprüchen durch die geschädigten Softwarehersteller. Leider sagt aber auch der vorangehende Absatz nichts über den möglichen Anstiftungscharakter der Tanja-Briefe aus, bzw. ob die zitierten Entscheidungen überhaupt in Zusammenhang mit den Tanja-Briefen stehen.

    Der Einsatz von Testbestellern, Privatdetektiven etc. ist im Bereich der Produktpirateriebekämpfung, zur Bekämpfung von unlauterem Wettbewerb (OLG Düsseldorf 2 U 141/90; OLG Koblenz 14 W 268/91; OLG Karlsruhe GRUR 1994, 62 und 1994, 130) und zur Aufklärung sonstiger rechtswidriger Handlungen (vgl. BVerwG NJW 1985, 875) nach ständiger Rechtsprechung absolut gebräuchlich und rechtlich zulässig (vgl. BGHZ 43, 359, 367; GRUR 1966, 564, 565 = WRP 1966, 312; GRUR 1981, 827, 828 = WRP 1981, 636; GRUR 1989, 113, 114 = WRP 1989, 232; TranspR 1990, 77, 78 = VersR 1989, 1319; GRUR 1991, 843; BGH NJW 1992, 2292).

    Es wird darauf hingeweisen,
    a) daß zur Ermittlung von Uhren-Fälschungen bereits Tarnfirmen gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurden,
    b) daß zu Bekämpfung der Video-Piraterie eine eigene, personalstarke Gesellschaft (GVU) besteht,
    c) daß der Börsenverein des deutschen Buchhandels mit Pnvatdetektiven nach Raubdrucken fandet,
    d) daß die GEMA fest angestellte ,,Lausch-Patrouillen" (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 25.7.91 S.13; ferner 9.6.1993 5. 17) hat,
    e) daß Markenunternehmen teilweise ihren Mitarbeiteren hohe Prämien zahlen, wenn diese ihnen bekanntgewordenen Plagiatsfälle benennen,
    f) der Einzelhandel Millionenbeträge für Privatdetektive aufwendet (vgl. SPIEGEL 49/1990 5. 74 bis 94)
    g) Die Gebühreneinzugszentrale - GEZ - tätigt sogar eine ,,Rasterfahndung" (FOCUS 17/1993 5. 136) und hat allein für das Sendegebiet des WDR 104 Fahnder.
    h) IBM mit Testkäufern Patentverletzungen ermittelt (c't 5/1996 S.14).
    i) MICROSOFT mit Testkäufern Softwarepiraten ermittelt (COMPUTERWOCHE 12.04.1996 und 22.01.1999) etc..
    Ein Vertreter von der Fa. Microsoft, der weltweit größten Herstellerin von Betriebssystemen, bezeichnete es als gängige Methode Disketten bei einschlägigen Anbietern zu erwerben (DER STERN ,,Software-Dieben auf der Spur", 14.03.1991, 5. 146 und DER SPIEGEL 6.7.1992 5. 108 ff.); vgl. ferner OLG München CR 1991, 217; OLG Düsseldorf 2 U 141/90).

14. Der grundsätzliche Einsatz von Testbestellern steht im Zusammenhang mit den Tanja-Briefen gar nicht zur Debatte. Es geht darum, ob die Art der Formulierung der Bettelbriefe geeignet war, einen noch nicht von vornherein zur Tat entschlossenen dazu zu verführen oder nicht.

    Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte (damals noch als Innenminister) einem Rundfunkinterview in zutreffender Weise: "Man kann nur mit dieser oder jener Methode in diese oder jene kriminelle Szene eindringen"
    (Bayerischer Rundfunk, 5. Programm, 18.04.1993, 12.34 Uhr).
    Da die Testbestellereigenschaft für den Verletzer nicht erkennbar ist, er sich auch jedem anderen Interessenten gegenüber genauso verhalten hätte, liegt auch keine Anstiftung vor (vgl. LG Heilbronn NJW 1985, 874 mit Hinweis auf die Revisionsentscheidung des OLG Stuttgart)

15. Eine wörtliche Wiederholung des bereits gesagten. Siehe Kommentare 7 und 8.

16. Schließlich hat mir Gravenreuth nachträglich noch einen Artikel aus der c't 1994 Heft 6 mit dem Titel "Von Gravenreuth obsiegt vor Gericht" zugesandt. Dieser Artikel ist das einzige Dokument aus Gravenreuths Materialsammlung, das einen direkten Bezug zu den Tanja-Briefen hat. Der Artikel schildert, dass das Amtsgericht Düsseldorf gegen ein Tanja-Brief-Opfer entschieden hat, welches sich weigerte, die Anwaltskosten von rund DM 1500,- zu begleichen. Zitat: "Dem konnte sich die Richterin nicht anschließen. Weil insgesamt die Rechte an 17 Computerspielen verletzt worden seien, könne man von einem Wert von etwas 5000 DM pro Spiel ausgehen. Im übrigen sei Ausgangspunkt für die späteren Rechtsverletzungen die Anzeige des Beklagten gewesen: '...nicht der ursprünglich redlich handelnde Beklagte ist zu einer Rechtsverletzung veranlaßt worden, sondern die im Auftrag der Klägerin handelnde Person hat die Rechtsverletzung des Beklagten aufgedeckt'." Es gelten die Einwände aus 4.
Der Artikel führt weiter aus, dass ein Verfahren gegen einen Testbesteller von Gravenreuth mit dem Vorwurf der "Anstiftung zur Straftat" von der Staatsanwaltschaft Essen eingestellt worden sei. Nicht etwa, weil die Legitimität der Tanja-Briefe festgestellt worden sei, sondern weil es sich bei den Urheberrechtsverstößen gar nicht um ein Verbrechen, sondern nur um ein Vergehen handle (und die Anstiftung zu einem Vergehen ist gemäß § 30 StGB nicht strafbar). == Persönliche Betrachtungen zur Legitimität und Moralität von Under-Cover-Aktionen == Grundsätzlich sind nach meiner persönlichen Ansicht Täuschungshandlungen bei der Verfolgung von Kriminalität durchaus nicht grundsätzlich zu verdammen. Es ist der Raubkopierer sicherlich am Einfachsten dadurch zu überführen, dass man eine Raubkopie bei ihm erwirbt - der Herkunftsnachweis einer aufgefundenen Raubkopie ist mediumbedingt in der Regel ja nicht zu führen. Die Vorgehensweise ist vergleichbar der Verfolgung von Drogenhandel oder illegaler Prostitution (in den USA).
Verdeckten Ermittlungen wohnt aber auch grundsätzlich das Problem inne, dass eine an sich nicht zur Tat entschlossene Person durch ein verlockendes Angebot zur Tat verführt werden kann. Wieviele Frauen (und Männer) liessen sich durch einen entsprechenden Betrag (reden wir mal angesichts der aktuellen deutschen Fernsehunterhaltung von 1 Mio DM) zur illegalen Prostitution oder zum Drogenhandel verführen? Eine Regel der verdeckten Ermittlung ist daher, den Gegenwert zum provozierten Tatbestand verhältnismäßig anzusetzen und nicht mit "Gewalt" zu versuchen, eine an sich nicht zur Tat entschlossene Person zu selbiger anzustiften. Denn: die Verführbarkeit des Menschen ist naturgegeben, die Ausnutzung derselben moralisch und rechtlich geächtet. "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen", betet der gläubige Katholik im "Vater Unser" und die Anstiftung zu einer Straftat ist nicht zuletzt selbst ein Straftatbestand. Schließlich bedarf es eines Strafverfahrens, welches bei der Beurteilung des Vorsatzes und der Schwere der Schuld die möglichen Einflüsse durch verdeckte Ermittler mit einbezieht und im Strafmaß berücksichtigt. Gerade dieser letzte Aspekt fehlt aber bei vielen Gravenreuth-Aktionen, die geschickt Vorfälle des Strafrechts ins Zivilrecht holen, um damit Abmahnungen betreiben zu können. Ein Mitglied der Ex-Cracker-Gruppe RADWAR schilderte den (am eigenen Leib erfahrenen) Ablauf einer Hausdurchsuchung nach folgendem Schema:

Der RA wird von einer oder verschiedener Softwarefirmen beauftragt, Urheberrechtsverletzungen der von den Firmen hergestellten/vertriebenen Produkte zu ahnden. Dieser leitet nun, z.B. aus Zeitungsinseraten, einen Verdacht gegen eine konkrete Person ab und bestätigt diesen u.U. durch Testkauf. Daraufhin erwirkt er einen gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl, dieser wird von den Exekutivorganen ausgeführt. Die aufgefundene Software wird nun von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen gesichtet und die dabei festgestellten Raubkopien werden nach Herstellern sortiert in Listen zusammengefasst. Dann werden die Listen an die jeweils betroffenen Softwarehersteller übersendet, die nun entscheiden müssen, wie sie gegen die Täter vorgehen wollen. Erstatten Sie Anzeige, wird ein Strafverfahren durchgeführt. Weil aber Strafverfahren um Raubkopiererei im privaten Bereich oder bei Minderjährigen oder im geringen Umfang die Einstellung wegen Geringfügigkeit droht, wird der Täter zum Zwecke der Abmahnung wieder an den RA zurückgemeldet. Das Konstrukt ist so einfach wie genial: die Abmahnungskosten werden wegen der möglichen drohenden Strafanzeige anstandslos gezahlt, die Softwarefirmen erzielen einen Abschreckungseffekt ohne Anwaltskosten für evtl. vergebliche Strafverfolgung leisten zu müssen, und der Abmahnanwalt kassiert vergnüglich ab. Die wesentliche Arbeit, nämlich das Sichten, Erfassen und Sortieren der beschlagnahmten Software wird aber von der Exekutive &#150; sprich dem Steuerzahler &#150; besorgt. Die komplette Argumentation zur Rechtfertigung der verdeckten Ermittlungen wird aus dem Strafrecht übernommen, aber die Durchführung findet mangels Strafanzeige im Zivilrecht statt. All die relevanten Faktoren des Strafrechts wie Vorsatz, Schuld, Schwere der Schuld usw., die im Strafmaß berücksichtigt werden und z.B. durch die Vorgehensweise bei der verdeckten Ermittlung beeinflusst sind, fallen bei der zivilrechtlichen Abmahnung unter den Tisch. Die von Gravenreuth in den 80er Jahren veranlassten Hausdurchsuchungen sollen in die Hunderte gehen (was ich aber nicht belegen kann!).

Der Anwalt verdient also an den Vergehen und zwar sprichwörtlich im Sinne einer Provision. Wie der Einsatz von Testkäufern zum Zwecke des Geldverdienens durch Abmahnung in der Praxis aussehen könnte, schildern die Autoren Denis Moschitto und Evrim Sen in dem Buch "Hackertales - Geschichten von Freund + Feind" (Tropen-Verlag, ISBN 3-932170-38-5) in der Geschichte Buster (S. 97ff), aus dem hier mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Verlages zitiert sei (Hinweis: die Geschichte "Buster" erzählt in Ich-Form den Werdegang eines Spitzels und Testkäufers für den fiktiven Anwalt "Grevenbroich", die in der Geschichte erwähnten Produkt- und Mailbox-Namen entsprechen allerdings der Wirklichkeit):

    "Grevenbroich öffnete seine Aktentasche und holte einige Blätter heraus. »Aber mal etwas anderes. Sagt Ihnen der Name Triton etwas?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ein Chipset von Intel?«, fragte ich.
    »Ja, in etwa, es ist ein Motherboard-Chipsatz. Die Firma Tricon in Holland empfindet den Namen Triton als dem ihren ähnlich. Steht aber alles in der letzten Ausgabe der c't. [...]
    »Also«, fuhr er fort, »wir haben durch richterlichen Beschluss erreicht, dass der Name verwechslungsfähig mit Triton ist. Jeder Computerhändler, der mit diesem Namen wirbt, kann abgemahnt werden.«
    »Und was heißt das für mich?«
    Grevenbroich lächelte. »Sie schauen, wo Sie das Wort Triton finden und verdienen Geld, so einfach ist das. Computerhändler, Kaufhäuser, Zeitschriften - eigentlich überall, wo Werbung mit dem Namen Triton gemacht wird. Zweihundert Mark pro Fall gibt es dafür.«
    [...]
    Ich machte mich gleich an die Arbeit. Ich kaufte mir am Hauptbahnhof alle Computerzeitschriften, die ich finden konnte und begann damit, die Werbeinserenten abzuklappern. Bei jeder gefundenen Triton-Werbung fragte ich sicherheitshalber noch einmal in der Kanzlei telefonisch nach, ob diese schon registriert war. War sie es nicht, verdiente ich zweihundert Mark.
    Meine eigentliche Arbeit begann mit der aktiven Suche. Ich rief einen PC-Laden nach dem anderen an und fragte, ob sie Rechner mit dem Triton-Chipsatz im Sortiment anbieten. Viele wussten nicht einmal, wovon ich redete, und wurden kurzerhand von meiner Liste gestrichen. Die Läden, die den Chipsatz hatten, beehrte ich mit einem persönlichen Besuch. Meistens war dieser von Erfolg gekrönt, denn oft konnte ich im Laden den Namen Triton auf Preislisten, in Schaufenstern oder auf ausliegenden Werbebroschüren finden. Wie ein hungriger Wolf durchstöberte ich sämtliche Computerläden Hamburgs auf der Suche nach den goldenen sechs Buchstaben. Massenweise Beweismaterial fand durch meine Hände den Weg in die Kanzlei. Mein Honorar wurde immer zügig mit Verrechnungsschecks beglichen. Nachdem ich im Stadtgebiet fast alle Computerläden überprüft hatte, fing ich an, auch außerhalb Hamburgs auf die Jagd zu gehen. Selbst in meiner Freizeit konnte ich meine Arbeit nicht ruhen lassen. Wenn ich in einer Stadt unterwegs war, passierte es des öfteren, dass ich schnell noch in einen Computerladen hineinspazierte, Werbebroschüren einsteckte und dann wieder glücklich aus dem Laden stapfte.
    Ich fragte mich, ob andere Testbesteller schon auf die Idee gekommen waren, größeren Läden wie Vobis, Escom oder sogar Kaufhäusern einen Besuch abzustatten. Also rief ich in der Kanzlei an, um nachzuhaken.
    »Drauf!«, tönte es durch den Hörer.
    »So richtig?«, fragte ich noch einmal, um sicherzugehen.
    »Einfach drauf! Die großen Läden dürfen das auch nicht. Wir haben von Vobis und Escom noch nichts bekommen. Wenn Sie der Erste sind, bekommen Sie das auch angerechnet. Immer drauf!« Obwohl diese »Hau-drauf-Masche« von Grevenbroich mir nicht sonderlich sympathisch war, erwischte ich mich nicht selten dabei, dass ich »Drauf, drauf!« vor mich hinsummend durch die Straßen ging. Es war schon ein wenig seltsam, dass ich den Menschen, den ich mir zur Galionsfigur des legalen Szenegeistes gewählt hatte, nun als völlig neue Person erfuhr. Er war nicht mehr der nette, verständnisvolle und hilfsbereite Anwalt, der bei Seminaren lustige Geschichten erzählte und neugierige Fragen beantwortete. In meinen Augen wurde er mehr und mehr zu dem, was er wirklich war - ein Geschäftsmann, der der Härte seines Berufs vollends entsprach und für Spaß nur dann zu haben war, wenn man damit Geld verdienen konnte.
    Es dauerte nicht lange und die Neuigkeiten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Plötzlich wusste jeder Händler um die Probleme, die der Name Triton in Schaufenstern und Prospekten mit sich brachte. Nach einigen Monaten waren sogar die kleinsten Verkaufsstellen für den Bürobedarf informiert, und meine Arbeit begann mühselig zu werden. Der Triton-Chipsatz wurde nur noch mit »Trit.-Chipsatz« oder »T-Chipsatz« abgekürzt, so dass eine Abmahnung nicht mehr möglich war. Ich konnte jedoch nicht aufhören, und in meinem nicht enden wollenden Arbeitseifer kam mir eine rettende Idee. In der Kanzlei klingelte erneut das Telefon.
    »Wie sieht es eigentlich jetzt aus, wenn ich reingehe und dem Verkäufer sage, er soll mir einen Kostenvoranschlag geben, wo dann Triton draufsteht?«, fragte ich.
    Grevenbroich überlegte kurz. »Das geht«, sagte er dann. »Sie müssen aber darauf achten, dass Sie sich wie ein gewöhnlicher Kunde benehmen. Es ist zwar noch kein Testbesteller auf so eine Idee gekommen, aber rechtlich gesehen ist das korrekt.«
    »Und wenn ich mich als jemand anders ausgebe? Zum Beispiel auf einer Visitenkarte?«
    »Ja! «, antwortete er fast beiläufig. Mir war, als hätte er nicht richtig zugehört oder wollte es zumindest nicht. Eine andere Antwort hätte ich aber sowieso nicht von ihm erwartet.
    Mit einer seriös wirkenden Visitenkarte einer nicht existierenden Bekleidungsfirma setzte ich meine Suche nach dem Wort »Triton« fort. Nun konnte ich selbst diejenigen Computergeschäfte aufsuchen, die nicht mit dem Triton Chipsatz warben. [...] In Anzug und Krawatte trat ich als Geschäftsmann vor die unwissenden Verkäufer und meldete den Kauf mehrerer PCs für mein Unternehmen an. Als Grund für die Wahl ihrer Geschäftsstelle gab ich irgendwelche erfundenen Empfehlungen an. Ich drückte den Verkäufern ein Blatt in die Hand mit den Erwartungen, die man in meiner Firma an ein PC-System habe. Dabei betonte ich, dass ich selbst keine Ahnung von Computern hätte schließlich sei ich ja aus der Modebranche. Auf dem Blatt standen Bezeichnungen für ein komplettes PC-System mit reichlich unnötigem Peripherie-Schnickschnack, von dem ich gleich zwanzig benötigte. Darunter, ganz unscheinbar und etwas unleserlich das Wort »Triton«, das der Verkäufer mit großen Dollarzeichen in den Augen übersah. Ich bewegte die Händler zu einem Kostenvoranschlag, legte keinen großen Wert auf Vergünstigungen und gab damit denjenigen Verkäufern, die das Wort Triton bemerkten, den letzten Ruck.
    Später verschaffte ich mir ein bisschen Abwechslung, indem ich unterschiedliche Rollen annahm. Dies war außerdem ein guter Weg, um meine Anonymität zu wahren. Ob als lässiger Freak eines Computerclubs oder als Angestellter völlig sinnloser Firmen, man warf mir die Kostenvoranschläge hinterher. Um mir den Besuch von Computerläden weit außerhalb Hamburgs zu ersparen, degradierte ich mich zum Telefonisten und ließ mir per Internet Kostenvoranschläge an ein Faxgerät in München schicken.

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