6:40 Der Wahltag beginnt. Ich stehe vor verschlossenen Türen an der
Ludwig-Erk Schule - hier wird später das Wahllokal 10 eröffnen, in dem
ich den größten Teil des Tages verbringe. Im Moment ist aber noch
nichts los und ich mache mich auf den Weg zum Rathaus.
6:55 Am Rathaus angekommen kann ich beobachten, wie gerade die NEDAPs zur
Verteilung vorbereitet werden (
) Ich trete ein und geselle
mich zu den wartenden Wahlvorständen. Diese werden immer zu zweit vom
Magistrat hereingebeten, um ihren Wahlcomputer entgegenzunehmen. Die
Geräte scheinen wie vorgesehen verplompt zu sein und sind mit den
Nummern der Wahllokale beschriftet. Die höchste vorkommende Nummer ist
die 18 und mehr Computer kann ich auch nicht erblicken (es gibt in
Langen 21 Geräte: Eins für jedes Wahllokal und 1 Ersatzgerät). Der
Magistrat instruiert die Wahlvorstände: "Da ist ein Zettel drin, den
müssen Sie lesen... wegen der Leute vom CCC... die wollen ja
vorbeikommen". Er bezieht sich hierbei vermutlich auf
.
Nach ca. 10 Minuten werde ich als Außenseiter erkannt und vom
Magistrat herausgebeten: "Ich muss Sie bitten, das Rathaus zu
verlassen. Die Öffentlichkeit der Wahl wird ab 8:00 hergestellt."
Ich mache mich wieder auf den Weg zur Ludwig-Erk Schule.
7:15 Ich treffe kurz vor den zuständigen Wahlvorstehern an der Schule ein.
Diese wollen - nachdem sie den Wahlcomputer ausgeladen haben - dann
auch direkt von mir wissen "was ich denn wolle" und "ob ich einer von
diesen CCC Wahlbeobachtern sei". Ich erkläre ihnen, dass ich gerne aus
privatem Interessen die Wahlvorbereitung (vor allem den Aufbau des
Computers) beobachten würde. Dennoch bitten sie mich, die
Räumlichkeiten zu verlassen. Daraufhin lege ich dem Wahlvorstand dar,
dass ich unter der "Öffentlichkeit der Wahlhandlung" (§29, Hessisches
Landtagswahlgesetz) auch die Öffentlichkeit der wahlvorbereitenden
Handlungen verstehe und selbst, wenn er diese Interpretation nicht
teilen wolle, stehe nirgends, dass eine Beobachtung verboten sei (es
läge also in seinem Ermessen, mich hereinzulassen). Der Wahlvorstand
sieht dies anders, verweist auf "eine klare Anweisung vom Ordnungsamt
diesbezüglich gibt", macht nun auch direkt von seinem Hausrecht
gebrauch, indem er mir mündlich Hausverbot erteilt und droht, die
Polizei zu rufen. Etwas Schriftliches möchte er mir nicht geben.
Ich beschließe Ärger zu vermeiden, draußen zu warten und kann die
Einhaltung des Protokolls beim Aufbau der Wahlcomputer - insbesondere
die Überprüfung der Sicherheitsmerkmale - leider nicht beobachten.
7:40 Die ersten Wahlhelfer treffen ein.
8:00 Das Wahllokal wird eröffnet. Ein weiterer Beobachter (Mitglied der
Piratenpartei Langen), der kurz nach mir eintraf und der Aufbauphase
ebenso nicht beiwohnen durfte und ich werden nun eingelassen.
8:00 -
18:00 Während der Wahl
Bedienung der Geräte:
Die Wahlhelfer in den von mir besuchten Wahllokalen haben allen Wählern
vor der Wahl angeboten, den Prozess der Stimmabgabe (und insbesondere
die Bedienung des Computers) noch einmal zu erklären. Diese Hilfe wurde
meist dankbar angenommen. Gerade ältere Leute wirkten dennoch oft
verunsichert vor der Wahl und mussten ermutigt werden ("Sie schaffen
das schon." war ein Satz, den ich häufiger als jeden anderen an diesem
Tag gehört habe.). Dies führe ich zum einen auf mit Computern
verbundene Berührungsängste zurück, zum anderen darauf, dass es immer
nur einen Wahlcomputer (im Gegensatz zu mehreren Kabinen früher) pro
Wahllokal gab. Es lastet also ein gewisser Druck (bzw. Hektik) auf der
Person, die gerade ihre Stimme abgibt (besonders, wenn eine
längere Schlange entstanden ist). Ich habe den Eindruck, dass dies
manche - gerade ältere - Wähler nervös machte, was zu Fehlern führte
und den Wahlvorgang zusätzlich in die Länge zog. Gerade wenn es voller
wurde haben die Wahlvorsteher "langsame" Wähler bei der Abgabe der
Stimme durch Treten hinter die Kabine auch ohne ausdrücklichen Wunsch
der Wähler unterstützt, dabei haben sie (je nach Hektik der Situation)
mal mehr mal weniger genau darauf geachtet, die Stimmentscheidung des
Wählers nicht zu sehen.
Eine kleinere Panne gab es, als der Wahlvorstand einem Wähler, der
noch am Computer stand, mitteilte, dass er bereits für beide Wahlen
gestimmt hätte, dieser aber darauf beharrte, noch keinen Bürgermeister
gewählt zu haben. Offensichtlich war der Freigabeknopf für die
Bürgermeisterwahl an der Bedieneinheit verklemmt, so dass diese für den
Wähler nicht freigegeben wurde und das Gerät nach Abgabe der
Landtagsstimme den Vorgang als Abgeschlossen ansah. Der Computer wurde
mit Hilfe der beiden Schüssel zurückgesetzt und die letzte Stimmabgabe
wiederholt.
Eher eine Außnahme war die Reaktion "Sie können ja Briefwahl beantragen,
wenn Ihnen das nicht passt." von einem Wahlhelfer gegenüber einem Bürger
der sich über die Wahlcomputer beschwerte.
Wartezeiten:
Durch die oben erwähnten Probleme kam es in einigen Wahllokalen zu
langen Schlange. Ich habe Wartezeiten von bis zu 30 Minuten beobachtet
(scheibar gab es noch längere). Im Rathaus sind zu Stoßzeiten
(z.B. zwischen 13:30 und 14:30) einige Bürger frustriert wieder nach
Hause gegangen, andere wollten es später noch einmal versuchen. Mehrere
beschwerten sich hier über einen "trägen Computer". Ob ein technisches
Problem vorlag, konnte ich natürlich während der laufenden Wahl nicht
überprüfen.
Ende: Nachdem die Wahl offiziell beendet wurde, durfte ich der "Auszählung"
beiwohnen. Fotos (von Protokollen, Prüfausdrucken, Siegeln, etc...)
waren leider auch hier wieder nicht erlaubt. Ich kann allerdings
bezeugen, dass intakte NEDAP Siegel an den vorgeschriebenen Stellen
angebracht waren und auch die Seriennummer auf Gerät,
Baugleichheitserklärung, Prüfausdrucken und unterschriebenen
Protokollen übereinstimmte. Der Computers ließ folgendes Ergebnis
verlauten (Langen - Wahlbezirk 10):
Landtagswahl (Wahlkreisstimme):
Honka, Hartmut (CDU) 167
Tempelhahn, Eva-Maria (SPD) 151
Kreyscher, Roland (Grüne) 41
Vogt, Axel (FDP) 21
Zens, Stefan (REP) 7
Elgert, Friedrich (Die Linke) 15
Sauer, Helmut (Freie Wähler) 4
Steingräber, Claus (NPD) 3
Ungültige Stimmen 5
Stimmen gesamt 414
Landtagswahl (Landesstimme):
Christlich Demokratische Union Deutschlands 165
Sozialdemokratische Partei Deutschlands 132
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 51
Freie Demokratische Partei 25
DIE REPUBLIKANER 3
Mensch Umwelt Tierschutz 2
Bürgerrechtsbewegung Solidarität 0
Partei für Soziale Gleichheit 0
Ab jetzt...Bündnis für Deutschland 0
DIE GRAUEN - Graue Panther 1
DIE LINKE 22
Die Violetten - für spirituelle Politik 0
Familien-Partei Deutschlands 2
FW FREIE WÄHLER Hessen e. V. 2
Nationaldemokratische Partei Deutschlands 2
Piratenpartei Deutschland Landesverband Hessen 4
Unabhängige Bürgerpolitik 0
Ungültige Stimmen 3
Stimmen gesamt 414
Bürgermeisterwahl:
Matyschok, Berthold 95
Gebhardt, Frieder 99
Löbig, Stefan 71
Sehring, Heinz-Georg 38
Einzelbewerberin Schott, Christel 8
Einzelbewerber Schneider, Klaus-Dieter 26
Einzelbewerber Dr. Werner, Jan 80
Ungültige Stimmen 4
Stimmen gesamt 421
Für die Neugierigen: Der Unterschied bei den Gesamtanzahlen der
abgegebenen Stimmen (414 / 421) kommt durch Bürger anderer EU-Staaten
zustande, die in Deutschland wohnen und damit an kommunalen
Entscheidungen teilnehmen - also den Bürgermeister wählen - dürfen,
an Entscheidungen auf Landesebene jedoch nicht.
Das Offizielles Ergebnis: Landtag, Bürgermeister (stimmt überein ;-) )